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Gesellschaft CJZ Freiburg

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Gedenken an die Pogromnacht von 1938

Gedenkveranstaltung

09. November 2020


ACHTUNG: Abesagt wg. Corona-Lockdown
Statement des Oberbürgermeisters hier:


Statement zum 9. November

Die Zerstörung der Freiburger Synagoge in der Reichspogromnacht jährt sich dieses Jahr zum 82. Mal. Die staatlich befohlenen Brandstiftungen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, bei denen auch die Freiburger Synagoge neben dem heutigen Kollegiengebäude I der Universität in Flammen aufging, markierten einen entscheidenden Schritt von der Entrechtung, Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Mitmenschen hin zu Deportationen und Holocaust.

Jedes Jahr kommen Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden, der Stadt und mehrerer Institutionen und Verbände am 9. November auf dem Platz der Alten Synagoge zusammen, um an die Pogromnacht zu erinnern. Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Veranstaltung von städtischer Seite aus dieses Jahr, in Absprache mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit als Mitveranstalterin, abgesagt.

Es ist notwendig und wichtig, dass wir uns an die schrecklichen Ereignisse der Pogromnacht vor 82 Jahren erinnern. Es führt eine direkte Linie von der Zerstörung der Synagogen in Freiburg und vielen anderen deutschen Städten hin zum Massenmord an den europäischen Juden. Das dürfen und werden wir nie vergessen. Und auch wenn es in diesem Corona-Ausnahmejahr 2020 leider von städtischer Seite aus keine Veranstaltung gibt, gedenken wir dennoch im Stillen der fürchterlichen Verbrechen, die auch hier, in unserer Stadt damals verübt wurden. Gerade weil antisemitische Parolen leider auch heute immer wieder zu hören sind, ist es umso wichtiger, diese Erinnerung wachzuhalten.

Martin W. W. Horn
Oberbürgermeister der Stadt Freiburg

Mike Schweizer, Saxofon: "Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt“

Ansprache zum Gedenken an die Reichspogromnacht 2020

Pfarrer Gerhard Ruisch, Alt-katholische Gemeinde, im Namen der Kirchen der ACK

Wir sind heute weniger Menschen hier als in anderen Jahren, aber wir sind trotzdem eine sehr bunt gemischte Gruppe – verschieden nicht nur an Lebensalter, Gesundheit, Interessen und solchen Dingen. Sondern es sind heute allein schon Menschen aus drei verschiedenen jüdischen Gemeinden hier, die drei verschiedene Richtungen des Judentums vertreten.
Es sind noch mehr christliche Konfessionen und Gemeinden hier vertreten, die auch alles andere als gleichförmig sind.
Es sind Menschen da, die zu anderen Religionen gehören.
Und natürlich gibt es Agnostiker unter uns und Atheisten.
Wir hätten viel zu diskutieren, wenn wir denn deshalb zusammengekommen wären.

Bei aller Verschiedenheit gibt es aber etwas, das uns eint und weswegen wir alle hier sind: Wir haben gelernt, wohin das führt, wenn Menschen ihre Überzeugungen absolut setzen und für die einzig richtigen halten. Wir haben gelernt, wohin das führt, wenn sie andere Menschen verachten, ausgrenzen, stigmatisieren oder ihnen gar das Menschsein und das Lebensrecht absprechen. Wir sind heute hier, weil wir bereit sind, uns erinnern zu lassen, wohin das nicht nur führen kann, sondern wohin das geführt hat, hier, in unserem Land. Wir sind hier, weil es uns zutiefst betrifft, was hier möglich war – und was unter uns Menschen immer dann möglich ist, wenn die einen meinen, sie seien besser als die anderen, und die anderen deshalb loswerden wollen.
So unterschiedlich wir sind und so verschiedene Ansichten wir vertreten: Uns eint heute die Überzeugung, dass jeder Mensch gleichermaßen wertvoll ist und sein darf, wie er ist, und glauben darf, was ihm einleuchtet.

Und es eint uns der Wille, dafür einzutreten, dass solche Selbstüberschätzungen, Egoismen, Ausgrenzungen und solche Gewalt nie wieder unter uns mächtig werden.

Ich möchte schließen mit einem bald 3 Jahrtausende alten jüdischen Gebet, mit einem Ausschnitt aus Ps 22, in der Übertragung von Martin Buber:

Ich bin hingeschüttet wie Wasser,
trennen wollen sich all meine Knochen,
mein Herz ist geworden wie Wachs,
in meinen Eingeweiden zerflossen,
meine Kraft ist dürr wie ein Scherben,
an meinen Schlund geklebt meine Zunge.

Du rückst mich ja in den Staub des Todes!
Hunde haben mich ja umringt,
umkreist mich eine Rotte von Bösgesinnten,
sie fesseln mir Hände und Füße,
zählen kann ich all meine Knochen.
Jene blicken herzu, sie besehn mich,
sie teilen unter sich meine Kleider,
über mein Gewand lassen sie fallen das Los.

Oh DU,
nimmer bleibe fern!
du mein Wesensstand,
zu meiner Hilfe eile!
Rette meine Seele vorm Schwert,
meine Einzige vor der Tatze des Hundes,
befreie mich aus dem Maul des Löwen, -
wider Wisenthörner gibst du mir Antwort!

Ich will von deinem Namen meinen Brüdern erzählen,
inmitten der Versammlung will ich dich preisen.


Programm:

Musikstück: Mike Schweizer, Saxofon (2-3 min)

Grußwort der Stadt Freiburg: Oberbürgermeister Martin W. W. Horn (5 min)

Kaddisch
N.N., Egalitäre Chawurah Gescher (2 min)
Daniel Schönberger, Gastredner, Israelitische Gemeinde (5 min)
N.N., Chabad Lubawitsch (3 min)
N.N., Egalitäre Chawurah Gescher (3 min)

Musikstück: Mike Schweizer, Saxofon (2-3 min)

Politische Vertretung: Erika Weisser, VVN-BdA (3-5 min)

Rezitation aus dem Buch von Lotte Paepcke „Ein kleiner Händler, der mein Vater war“:
Dr. Gertrud Rapp (3 min)

Für die Kirchen: Pfr. Gerhard Ruisch, Alt-Katholische Kirche (5 min)

El Male Rachamim:
Kantor Moshe Hayoun, Israelitische Gemeinde (3 min)

Musikstück: Mike Schweizer, Saxofon (2-3 min)

Moderation: Pfarrer Michael Philippi

Bei der Gedenkfeier ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes erforderlich!